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Unser Kleiderschrank

Vom Handel aus gelangen die Kleidungsstücke schließlich in unsere Kleiderschränke. Und offensichtlich sind wir recht großzügige Gastgeber:

Wusstest du, dass jeder von uns schätzungsweise 5 Kleidungsstücke im Monat kauft? 

5 Kleidungsstücke pro Monat. Das ist ja eigentlich gar nicht so viel, möchte man meinen. Denn gehören da wirklich alle textilen Errungenschaften zu, die man sich in 30 Tagen zulegt? Auch Socken und Schlüppis? Falls ja, sind 5 Kleidungsstücke schnell erreicht. Im Grunde klingen 5 Stücke sogar nach relativ wenig, wenn man mal drüber nachdenkt. Was ist, wenn man sich allein schon ein Dreier-Pack Socken kauft. Dann bleiben nur noch zwei weitere Teile. Moment mal – nur zwei Teile? 

Manch einer geht nicht so gern einkaufen oder kann es sich einfach nicht leisten. Ein anderer jedoch shoppt dafür ein paar Teile mehr. Und wenn der eine nicht so viel kauft, kann man doch seine ungenutzte Anzahl aufbrauchen, oder etwa nicht? Eines steht auf jeden Fall fest: 5 Kleidungsstücke pro Monat sind – auf ein komplettes Jahr gerechnet – eine ganze Menge und sorgen dafür, dass wir eine breite Auswahl an Kleidern haben. Laut einer Greenpeace-Studie besitzt jeder erwachsene Deutsche im Schnitt 95 Kleidungsstücke – ohne Unterwäsche und Socken [ Aha! ]. Und was mögen wir am liebsten? 

Oberteile! Tatsächlich besteht der Großteil unserer Kleidung aus kurz- und langärmligen Oberteilen. Jeder Dritte von uns besitzt 30 oder mehr kurze Oberteile – für jeden Tag des Monats eines, quasi. Besser ist es.

Wieder jeder Dritte gibt an, dass er insgesamt sogar 100 bis gigantische 300 Kleidungsstücke im Schrank hat. All in all, ergibt sich daraus die krasse Mega-Summe von 5,2 Milliarden Kleidungsstücken. Allein in Deutschland. Jedes 5. Stück davon wird allerdings so gut wie nie getragen. Das bedeutet, dass etwa 1 Milliarde Kleidungsstücke ein sehr langweiliges Dasein in unseren Kleidungsschränken fristen. Damit sind sie aber zum Glück nicht allein, denn eine weitere Milliarde Kleidungsstücke leisten ihnen die meiste Zeit gute Gesellschaft. Auch sie erblicken die Welt außerhalb des Schrankes nur selten. Genau genommen seltener als alle 3 Monate. Mit 2 Milliarden Kleidungsstücken hängt also knapp 40 Prozent unserer Kleidung ungenutzt im Schrank herum.

Hand auf’s Herz: Wie viele deiner Kleidungsstücke ziehst du regelmäßig an? 

Mögen wir unsere Kleidung etwa nicht? Doch, natürlich! Wir mögen unsere Kleidungsstücke sogar so sehr, dass wir regelmäßig in die Geschäfte ziehen und uns mit neuen Lieblingsstücken ihrer Art eindecken. Im Schnitt gehen wir 20 Mal pro Jahr Shoppen. Und aus den 5 Kleidungsstücken pro Monat – oder etwa 27 kg pro Jahr – wird ordentlich Futter für unsere Kleiderschränke!

You. And me. Infinity?

Durch die Vielzahl an neuen Errungenschaften entwickelt sich oft nicht nur ein leichtes Platzproblem in unseren Kleiderschränken, sondern auch eine starke Konkurrenzsituation unter den einzelnen Kleidungsstücken. Die jüngst ergatterten möchten ausgeführt werden, alte melden sich aus dem Hintergrund, manch andere sind schon in den Tiefen des Schrankes verschwunden – man kann sich ja nun auch nicht aufteilen – es gibt kaum so viele Tage wie Klamotten – wann soll man das denn je alles tragen? – Gar nicht. Und so ergibt es sich, dass wir vergessene Absteiger und selten genutzte Lückenbüßer in unseren Schränken horten. Denn meist besitzen wir viel mehr Kleidung, als wir eigentlich brauchen.

Was heißt eigentlich brauchen? 

  Im Duden findet man Folgendes: 

  •   + nötig haben, [ für sich ] benötigen 
  •   + [ zur Erledigung von etwas eine bestimmte Zeit ] benötigen,   aufwenden müssen 
  •   + bedürfen 
  •   + gebrauchen, verwenden, benutzen 
  •   + [ in bestimmter Menge ] verbrauchen, aufbrauchen 
  •   + müssen

Riskieren wir einen kritischen Blick in unseren Kleiderschrank, schauen uns einige der Kleidungsstücke ganz bedröppelt an. Wenn sie könnten, würden sie sich lieber verkriechen. Oder ein anderes ihrer Art nach vorne schieben. Denn sie spüren, dass sie die Frage nach ihrem wirklichen Nutzen in Schwierigkeiten bringen könnte.

Ihr Dilemma: Sie sind zwar schön. Aber wirklich brauchen…? Wirklich brauchen tut man sie oft nicht. Zumindest nicht im Sinne der Definition. Da verwundert es auch nicht, dass wir uns regelmäßig von alten Kleidungsstücken trennen. 

Fast jeder Zweite sortiert innerhalb von weniger als einem Jahr Oberteile, Hosen und Schuhe aus – das heißt: Spätestens nach drei Jahren ist mehr als die Hälfte davon aus dem Kleiderschrank verschwunden. Von Jacken, Mänteln und Kleidern verabschieden wir uns nach durchschnittlich 3 Jahren. 

Nochmal: Mögen wir unsere Kleidung nicht? Doch, klar! Nur mögen wir einige unserer Kleidungsstücke lediglich für eine bestimmte Zeit – genau genommen für die Zeit, in der sie in der Mode sind. So kommt es vor, dass wir selbst noch tragbare Kleidung aussortieren. Zwei Drittel von uns trennen sich von Kleidungsstücken, weil sie nicht mehr gefallen, rund 40 Prozent, weil sie nicht mehr der Mode entsprechen. Und gut ein Drittel, um Platz zu schaffen.

So viel ungenutztes Zeug – wie kann das passieren? 

Nun, da wäre noch ein weiterer Punkt, der eine wichtige Rolle bei unserer Kaufentscheidung spielt: der Preis. Laut Greenpeace entscheidet rund die Hälfte von uns anhand dessen, ob wir ein Kleidungsstück kaufen oder nicht. Na, logo! Schnäppchen schlagen, das macht doch jeder gern! Und diese dann anderen stolz im Haul zeigen – noch viel besser. Praktischerweise gibt es viele Geschäfte, in denen man schon für wenig Geld einiges in die Einkaufstasche legen kann. 

So kostet ein Oberteil im Angebot heute manchmal genauso viel wie ein belegtes Brötchen beim Bäcker. Strange! Dabei ist ein Brötchen doch quasi ein Einwegartikel – aber das Oberteil? Gerade ein günstiges oder reduziertes Kleidungsstück ist besonders reizvoll. Je weniger man für das eine bezahlt, desto mehr kann man für ein anderes ausgeben – überhaupt kann man so noch mehr kaufen, schließlich spart man ja. Irgendwie. 

Das Wissen um einen günstigen Preis scheint uns sogar regelrecht unter Druck zu setzen. So sehr, dass wir urplötzlich in eine Handlungsnot geraten. Das Kleidungsstück, das gerade noch ein ganz beschauliches Leben an der Stange geführt hat, bekommt mit einem Mal einen immensen Anziehungsfaktor. So immens, dass wir es gar nicht mehr loslassen möchten. Wir müssen es haben – Müssen. Es. Haben. Nicht, dass es sich jemand anderes unter den Nagel reißt. 

An diesem Punkt angelangt, befindet man sich quasi am Anfang – vom Ende. Und es dauert nur wenige Sekunden, bis sich unsere Gedanken zu einer Kettenreaktion aus unumstößlichen Argumenten verknüpft haben. Argumenten fürs Kaufen. Und zwar ungefähr so: 

Eigentlich braucht man es ja gar nicht. Aber es kostet nur x Euro. Und dafür ist es wirklich schön. Was, wenn man genau so etwas irgendwann einmal sucht? Und es dann nicht findet? Dann ärgert man sich ja zu Tode! Und eigentlich fehlt es ja auch noch im Kleiderschrank. Und für das Geld… Ja, bevor es morgen nicht mehr da ist: Was man hat, das hat man. Ehe man sich versieht ist die Beute im Sack. Beziehungsweise in der Einkaufstasche.